Hüttentour
Pala–Ronda–Trek – in 5 Tagen durch die südlichste Dolomitengruppe
Endlich ist es soweit – die lang ersehnte Hüttentour in die Pala - Dolomiten kann stattfinden.
Mit 16 Teilnehmern fahren wir übern Brenner- und Rollepass nach San Martino di Castrozza. Der Wetterbericht verspricht uns keine sehr guten Bedingungen, doch wir lassen uns nicht mehr aufhalten. „Nach der Coronapause wird’s heuer durchgezogen!“.
Und so steigen wir vom Parkplatz der Col Verde Seilbahn zunächst entlang der Skipiste auf, bis wir an der Mittelstation in den sehr schön angelegten Bergpfad abbiegen. Immerhin sind es bis zu unserem ersten Stützpunkt, dem Rifugio Rosetta Pedrotti (2581 m) gute 1000 Höhenmeter. Da es nicht zu warm ist und auch der Weg einen gleichmäßigen Steigrhythmus zulässt, erreichen wir nach nicht einmal ganz 3 Stunden die Hütte. Sie liegt auf der Hochebene der Palagruppe, die einer Mondlandschaft sehr nahekommt und uns alle sofort in ihren Bann zieht. Trotz dichten Nebels steigen noch einige „Übereifrige“ auf den Hausgipfel, der Cima Rosetta, die mit 2743 m vertikal über San Martino aufragt. Tatsächlich lohnt es sich! Ab und zu reist die Nebeldecke auf und lässt spektakuläre Tiefblicke zu.
Der zweite Tourentag beginnt mit einer mystischen Morgenstimmung am Horizont. In der Ferne ragen unter anderem die Gipfel von Tofana, Lagazoui und Antelao aus dem Nebel und verursachen bei dem einen oder anderen Bergsteiger Gänsehautfeeling. Heute wollen wir die Cima Fradusta (2940 m) erklimmen. Allerdings setzt ungefähr 30 Minuten vor Erreichen des Gipfels starker Regen und Nebel ein, sodass Tourenleiter Ralf Singer zur Umkehr auffordert. Weiter aufzusteigen ist mangels Sicht völlig sinnlos und unnötig gefährlich. Wer die öde Steinwüste auf dem „Mond“ kennt, kann sich sehr gut vorstellen, wie schwierig die Orientierung bei dichtem Nebel sein kann. Über den Passo Pradidali „wäscht“ es uns regelrecht 700 Hm bergab zur gleichnamigen Hütte auf 2278 m. Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir unser schützendes Domizil und verbringen den Rest des Tages mit dem Trocknen unserer Kleidung, Kartenspielen und guten Gesprächen.
Glücklicherweise schließen sich die Himmelspforten am nächsten Morgen pünktlich zum Abmarsch und sogar die Sonne verwöhnt uns mit ihrer Kraft. Nachdem der kräftige Wind die letzten Nebelschwaden weggeblasen hat, wird die spektakuläre Lage der Pradidali Hütte deutlich. Umgeben von unzähligen, senkrecht aufragenden Felstürmen steht das Rifugium auf einem Felssockel und bietet einen absolut fantastischen Tiefblick ins Val Pradidali. Nach einem reizvollen, kurzweiligen 1000 Hm steilen Bergab, erreichen wir die sehr idyllisch gelegene Malga Canali. Eine private Almhütte, die an Ursprünglichkeit kaum zu überbieten ist. In der Hütte lodert eine offene Feuerstelle. Hier werden bestellte Gerichte frisch zubereitet. Allerdings müssen wir uns noch ungefähr eine halbe Stunde bis 12 Uhr mittags gedulden, bis die Wirtin die Bestellung entgegennimmt. Doch das Warten hat sich gelohnt und wir werden mit leckeren regionalen Speisen und einem edlen Tropfen verwöhnt. Gut gestärkt treten wir den finalen Anstieg von 350 Hm zur Treviso-Hütte an. Heute können wir sogar duschen!! Vorher aber macht sich noch ein Teil der Truppe auf „Erkundungstour“. Auf einem „Nachmittagsspaziergang“ mit zusätzlichen 350 Hm entdecken wir nicht nur sehr spannende Klettersteige, sondern genießen auch die spektakuläre Kulisse vertikaler Dolomitenwände, die die Wetterverhältnisse jede Minute anders aussehen lassen. Ein herrlicher Hüttenabend rundet diesen sehr eindrucksvollen Bergtag ab.
Und abermals stellt sich die Frage – bleiben wir heute trocken? Die geplante Route für den vierten Tourentag wird die längste und anspruchsvollste der gesamten Palarunde werden. Bei idealen Bedingungen steigen wir die rund 1000 Hm zum Passo Canali auf. Je höher wir kommen, desto besser wird das Wetter. Letztendlich ragen die schroffen Zacken der Pala in den sonnigen Himmel, während im Tal dichte Wolken hängen. „Hoffentlich bleiben die auch da, wo sie grade sind!“. Immer wieder holen uns einzelne Nebelfetzen ein, die sich aber sehr schnell verziehen und dadurch eine einmalige, fast mystische Stimmung verbreiten. Am Pass rasten wir ausgiebig und lassen uns vom Sonne–Wolken–Schauspiel verzaubern. Der weitere Weg führt uns über die Forcella del Miel wieder auf die Hochebene der Pala. Doch wer glaubt die Ebene ist nur flach, wird schnell eines Besseren belehrt. In ständigem Auf und Ab wandern wir noch weitere 2,5 Stunden über den „Mond“, bis wir abermals die Rosetta Hütte erreichen. Hier kennt man uns bereits vom ersten Tag und so schließt sich der Kreis. Unterwegs genießen wir heute auch immer wieder die freie Sicht auf den Cima della Vezzana. Er ist mit 3192 m der Hauptgipfel der Palagruppe und bietet mit seinen Trabanten ein traumhaftes Panorama. Insgesamt ist die Pala ein alpiner Treffpunkt für die Kletterelite. Selbst Bergsteigerlegenden wie Herrmann Buhl haben sich in diesen Wänden verewigt.
Da es noch früh am Nachmittag ist, begeben wir uns abermals auf den Weg zum Hausgipfel, dem Cima Rosetta. Was wir hier oben erleben dürfen, sprengt die Vorstellungskraft Vieler. Freie Sicht zu allen namhaften Dolomitengipfeln ist uns zeitweise gewährt. In einem Spektakel aus Sonne, Wolken, Licht und Schatten erleben wir Gipfelmomente, wie es sie sicherlich nicht alltäglich gibt. So manch einem verschlägt es die Sprache. Obendrauf gibt es ein optisches Lichtschauspiel, welches unsere Schatten im Wasserdunst der Wolkentröpfchen in einem Kreis aus Spektralfarben erscheinen lässt.
Völlig „geflasht“ genießen wir den letzten Hüttenabend, der mit original Südtiroler Hausmusik abgerundet wird. Eine „Wanderkapelle“ mit Fanclub, die von Berghütte zu Berghütte zieht, ist heute hier zu Gast. Und als wäre der Tag nicht schon perfekt genug gewesen, haben wir zu allem Glück auch noch die Ehre den aufgehenden Mond im Hochgebirge erleben zu dürfen. Er zeigt uns beinahe sein volles Gesicht und strahlt ebenso hell und freundlich wie alle 16 DAV’ler.
Nach solch einem intensiven Bergerlebnis ist auch niemand enttäuscht, dass es am Sonntag erneut regnet und der Wind sehr ungemütlich weht. Die Frage nach einer Talfahrt mit der Seilbahn anstatt des dreistündigen Abstiegs im Regen beantwortet sich somit von selbst. Und so machen wir uns in unseren beiden Kleinbussen bereits um 09:00 Uhr auf den Nachhauseweg. Keine Minute zu spät, denn entgegen jeglicher Erwartung ist wahnsinnig viel Verkehr und wir brauchen, inkl. Zwischenstopp im Corona Testzentrum Innsbruck, sage und schreibe 10 - 11 Stunden, bis wir endlich wieder in Weißenburg ankommen.
Vielen herzlichen Dank an alle Teilnehmer für eine abermals unvergessliche Hüttentour!!
Ich freue mich schon heute auf unsere nächsten Unternehmungen!!
Euer Ralf