Tagestour
Wenn einfach alles passt!
Wenn man im Oktober eine Klettersteigtour auf über 2200 m plant, gehört schon eine gewisse Portion Mut dazu. Wenn sich dann aber das Wetter im besagten Monat von seiner "goldenen" Seite zeigt, lässt das jedes Bergsteigerherz höherschlagen – so auch bei den 13 Klettersteig begeisterten Alpinisten unserer DAV Gruppe.
Wir starten um 09:00 am Gasthaus Arztkasten in Obsteig / Tirol. Der Zustieg ins Stöttltörl, wo sich der Einstieg in die Ferrata befindet, beträgt immerhin fast drei Stunden Gehzeit. Nach Norden wandern wir in Richtung Grünsteinscharte / Coburger Hütte. Unser Ziel, die Wankspitze, ist mit 2209 m der südliche Ausläufer der Mieminger Berge und ein eher unscheinbarer Gipfel. Daher ist es nicht verwunderlich, dass an seinem sehr schön angelegten Nordgrat - Klettersteig nicht allzu viel Betrieb ist.
Durch das Lehnbergtal führt uns der Wanderweg entlang des gleichnamigen Baches und auch vorbei am ebenso benannten Gasthof hinauf zu einer Gabelung auf ca. 1800 m. Am Fuße mächtiger Felswände der Mieminger Alpen biegen wir rechts ab und steigen über den sog. „Gamsänger“ hinauf ins Stöttltörl (2036 m). Hier werden erste Tiefblicke ins Inntal frei und lassen uns das einmalige Panorama am Gipfel bereits erahnen. Voller Vorfreude legen wir unsere Kletterausrüstung und Helme an, nehmen noch eine kleine Stärkung zu uns und schon geht die Kraxelei los. Der Einstieg und die ersten 20 bis 30 Meter haben es gleich in sich. Vielleicht ist das gut so, denn dann wird uns bei dem frischen Wind nicht so kalt. Das ein- oder andere „Puuh!“ ist zu hören, aber alle schaffen die „Schlüsselstelle“ mit Bravour. Im Anschluss wird es etwas einfacher, aber nicht minder ausgesetzt. In teils luftiger Höhe schlängelt sich der Steig meist neben dem Grat in permanentem Auf und Ab Richtung Gipfelkreuz. Ab und zu sind kurze Teilstücke auf sehr brüchigem Untergrund ohne jegliche Sicherung zu bewältigen. Nix für schwache Nerven. Das Highlight des Klettersteiges ist das sog. Panoramabankerl. Über eine sehr steile Felsstufe (Schwierigkeit „C+“) erklimmen wir einen kleinen Zacken auf dem ein zweisitziges Bänkchen montiert ist. Nicht einmal der Fotograf hat noch zusätzlich Platz hier. Ebenso spannend ist der Abstieg zurück auf den normalen Kletterweg. Noch ein Abstieg und ein letzter Steilaufschwung, dann führt uns ein sehr schmaler, bröseliger Pfad die letzten Meter zum Gipfelkreuz. Uns bleibt fast die Luft weg. Die Aussicht übertrifft alle unsere Erwartungen. Vom Inntal, über den Alpenhauptkamm bis ins tiefste Ötztal herrscht freie Sicht. „Goldiger“ kann der Oktober nicht sein! Dieses einzigartige Panorama lässt die Anstrengung der vergangenen zwei Stunden sofort vergessen.
Die Wankspitze bricht nach Norden hin sehr schroff und nahezu senkrecht ab, wobei sie sich im Süden von ihrer grünen und eher harmlosen Seite zeigt. Bei diesen herrlichen Bedingungen rasten wir sehr ausgiebig am Gipfel. Am liebsten würden wir noch länger an diesem wunderschönen Fleck verharren, doch wir müssen ja schließlich heute auch noch nach Hause fahren. Und so steigen wir südseitig über steile Wiesen und Latschenfelder ca. 700 Hm zum Lehnberghaus ab. Im Biergarten lassen wir uns Speis und Trank schmecken. Den restlichen Abstieg bewältigen wir über die Fahrstraße, die im Winter auch als Rodelbahn präpariert ist.
Um 18:30 sitzen wir alle im Bus / Auto und fahren zurück nach Weißenburg. Erstaunlicherweise kommen wir, trotz so einem Superwetter, völlig staufrei über den Fernpaß nach Füssen.
Derartige Tagestouren sind lange und anstrengend (v.a. für die Autofahrer), aber wenn man dann so ein Bergerlebnis genießen darf, stellt das jede Mühe in den Schatten!!
Vielen Dank an alle Teilnehmer - es hat wieder einmal megaviel Spaß gemacht!!
Bis zum nächsten Mal!
Euer Ralf