Zur mittlerweile achten Ausgabe der Weißenburger Jugend-Sommerfahrt wurde aufgrund der großen Zahl von 14 Teilnehmenden sowie unterschiedlicher An- und Abreisetage erstmals vorab ein festes Ziel für den gesamten gut einwöchigen Zeitraum Anfang August auserkoren. In Anbetracht der vielseitigen Aktivitätsmöglichkeiten und der guten Erreichbarkeit fiel die Wahl auf einen unkomplizierten Campingplatz im ostsalzburgischen Radstadt, eingerahmt von den Felsriesen der Nördlichen Kalkalpen und den sanfteren Niederen Tauern. Wetter- und Covid-bedingt startete die diesjährige Sommerfahrt erst montags mit der regnerischen Anreise nach Österreich und dem Aufbau des Camps für die folgende Woche.
Der kletteraffine Teil der Gruppe wählte am Dienstag den vielseitigen Klettergarten “Burgstall” am Fuße des Grimming im steirischen Ennstal, um die Finger zunächst im einfacheren Sektor “Gecko” aufzuwärmen und schließlich im Waldsektor an ihre Belastungsgrenzen zu bringen.
Parallel nutzte der zweite Teil der Gruppe den ersten Tag schönen Wetters, um etwas Höhenluft zu schnuppern und erklomm bei strahlendem Sonnenschein von Obertauern aus das große Gurpitscheck (2526 m). Zuerst geht es eine Forststraße hangquerend bis zur Twenger Alm, von dort steil bergauf bis zum wunderschönen Twenger Almsee und anschließend am Kamm entlang zum Gipfel. Beim Abstieg konnte natürlich ein gemeinsamer Sprung in den Bergsee nicht fehlen und die Twenger Alm wurde dann auch noch auf ihre kulinarischen Angebote getestet.
Aussichtsreiche Abstiege in den Niederen Tauern
Zwei weiteren Bergaspiranten diente am gleichen Tage das Schareck (3123 m) in der Goldberggruppe dem vorsichtigen Austesten der Lungenfunktion nach jüngst überstandener COVID-19-Erkrankung. Bei regelmäßiger Prüfung der Herzfrequenz wurde von Sportgastein ausgehend in möglichst gemütlichem Tempo dem Neuwirthsteig gefolgt und zuletzt über das kleine Schareckkees der Gipfel erreicht. Der Abstieg über den aussichtsreichen Pröllweg und das Niedersachsenhaus komplettierten die schöne Überschreitung.
Nach den vortägigen Aufwärmübungen im Sportklettergarten stieg am Mittwoch die Motivation für Mehrseillängenkletterei. Auserkoren aus der unermesslichen Auswahl herausragender gebirgiger Felspartien wurde die bereits während der Zufahrt in Richtung Schoberpass deutlich sichtbare Westwand des Kalbling in der Reichensteingruppe im Westteil der Ennstaler Alpen, die mit einer beachtlichen Anzahl hervorragend gesicherter moderner Routen und einem dank der Mautstraße zur Oberst-Klinke-Hütte überschaubaren Zustieg von etwa einer Stunde lockt. In drei Seilschaften mit je zwei Personen wurden teils mühsam die Routen Blue Night (8+) und Sex sells (8-) in der Kalbling Westwand sowie die Diagonale (6) in der benachbarten Sparafeld Südwand erklettert und nach dem gemeinsamen Erreichen des über die Nordseite auch mittels Wanderweg leicht zugänglichen Hauptgipfels die abendliche Fernsicht über die Niederen Tauern und zum Dachstein genossen.
Westwand des Kalbling
Eine kleine konditionsbegeistertere Gruppe machte sich am Mittwoch in Richtung Westen auf, um den prominenten Hochkönig (2941 m) zu besteigen. Ausgangspunkt der ausgedehnten Tour über den Normalweg ist das Arthurhaus. Die Route führt zunächst über Forstwege und leichte Steige, bis der markante Torstein passiert wird. Von dort geht es entlang guter Markierungen durch eine regelrechte Mondlandschaft, innerhalb derer stellenweise kleinere Felsstufen zu überwinden sind, die jedoch keine wesentlichen Hürden darstellten. Die letzten Höhenmeter nach Erreichen des mittlerweile weitgehend eis- und im Sommer auch schneefreien Gletscherplateaus der “Übergossenen Alm” zogen sich mit mehreren Auf- und Abstiegen und dem Ziel stets im Blick dann doch noch ordentlich. Am Gipfel angekommen konnte die herausragende Aussicht über die Hohen Tauern sowie zum nahen Watzmann genossen werden und auch für eine kurze Einkehr im Matrashaus war noch Zeit. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit wurde zügig wieder der Rückweg gen Tal angetreten und gegen 20:15 Uhr nach 1600 hm und über 20 Kilometern wieder der Parkplatz erreicht, gerade rechtzeitig, um auf dem Rückweg nach Radstadt noch eine Nachzüglerin am Bahnhof in Bischofshofen einzusammeln.
Wegen diverser Verletzungen konnte ein Teil der Gruppe leider nicht jeden Tag mit dem Rest mithalten und entschied sich für eine batterieunterstützte Radtour ins für den Autoverkehr gesperrte Forstautal über die Vögeialm bis zur Oberhütte am See. Die knapp 30 km und 1000 hm umfassende Tour wurde von herrlichem Wetter und genussvoller Bergatmosphäre begleitet.
Am Donnerstag wurden nach kurzfristiger Planänderung die Steigeisen wieder ausgepackt und stattdessen mit Kajaks beladen die Fahrt über den Triebener Tauern zum Murtal angetreten. Dank der zahlreichen hochalpinen Quellflüsse führt die Mur auch im Sommer meist noch ausreichend Wasser und kann zwischen Tamsweg und Murau mit schönen Wildwasserabschnitten aufwarten. Nach dem Einstieg am südlichen Ortsende von Tamsweg bietet sich in dem langsam schmaler werdenden Tal zunächst einige Zeit zum Einpaddeln, bevor in der gut drei Kilometer langen Madling-Schlucht in einigen Schwällen (II bis III-) voller Einsatz gefordert wird. Nach einem wieder etwas ruhigeren Abschnitt und einer langen Sohlrampe folgte mit der Stufe von Madling (III) die Schlüsselstelle des gewählten Streckenabschnittes, die von den meisten unkompliziert umtragen wurde, sich am linken Rand jedoch auch als recht gut fahrbar erwies. Hinter Madling folgten noch einige zahmere Abschnitte sowie zuletzt noch ein paar routiniert überwundene Schwälle (II) bevor in Kendlbruck nach ca. elf Kilometern Paddelstrecke der geplante Ausstieg erreicht wurde.
Gleichentags fand sich ein Grüppchen, um einige gemütliche Stunden am Zeller See zu verbringen. Auf dem Rad wurden der pittoreske, aber auch sehr touristische See umrundet und hierbei auf den knapp elf Kilometern Wegstrecke drei Verpflegungspausen eingelegt, um das Kaloriendefizit der letzten Tage wieder aufzufüllen.
Die Wettervorhersage für Freitag ließ leider ab dem frühen Nachmittag zu wünschen übrig. Nicht weit von der Straße gelegen bot sich daher das Klettergebiet am Pass Lueg zum Klettern für den Vormittag an. Gute Felsqualität, eine ordentliche Absicherung sowie Routen in einem breiten Schwierigkeitsspektrum hatte der Fels zu bieten, bis gegen 14 Uhr der erwartete gewittrige Regenschauer zum Abbruch zwang. Die verbleibenden Stunden des Tages wurden mit einer Sightseeing-Trip durch Salzburg verbracht.
Gruppiertes Gebirgsvolk in urbaner Umgebung
Zwei felsmotivierte Frühaufsteher fuhren am Freitagmorgen in den wetterbegünstigten Westen in Richtung Reiteralm. Unterwegs fand noch eine Steigeisenübergabe an die Hochtourengruppe auf Ihrem Weg zum großen Wiesbachhorn statt, bevor wenig später vom Örtchen Reith der Weg zum Fuße der Alpawand, dem steilen westlichsten Felspfeiler der rundherum mit bestem Kalkstein ausgestatteten Reiteralm angetreten wurde. In 12 Seillängen auf 445 Klettermetern führte die gut gesicherte Bohrhakenroute “Alpatraum” in großteils wahrlich traumhaftem, wasserzerfressenem Fels durch die Wand, wobei die mit 9- bewertete Schlüsselseillänge sogar onsight gelang.
Der Samstag versprach etwas stabileres Wetter und wollte daher wieder ausgiebig draußen genutzt werden. So zieht etwa das Skigebiet in Schladming nicht nur im Winter Bergsportbegeisterte an, wenngleich sich im Sommer dort nicht auf zwei Brettern, sondern auf zwei Rädern den Berg hinuntergestürzt wird. Gepanzert bis zum Kinn und gestylt mit Hawaiihemd, um etwas von den technischen Herausforderungen abzulenken, wurden den ganzen Tag die eingerichteten Abfahrten mit allerlei gebauten Schanzen erkundet. Hierbei wurde zwar auch die ein oder andere Bodenprobe gesammelt, aber sowohl Material als auch Teilnehmer überstanden den Tag ohne wesentliche Blessuren.
Die bereits im Vorfeld des gemeinsamen Urlaubes bestehenden Blessuren bedingten hingegen, dass auch der örtliche Minigolfplatz nicht vor einem Weißenburger JDAV-Besuch bewahrt wurde. In Anbetracht der in den folgenden Wochen zusehends regenerierten physischen Mängel erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass sich hieraus langfristige Kompetenzen entwickeln.
Für den ausgedehnten Wanderabschluss der Tour war kein großer Gipfel geplant, sondern eine Halbumrundung des Gosaukamms über den “Linzer Steig”. Zunächst ging es über Wanderwege von der Unterhofalm bis zum Einstieg des hochalpinen Teils der Route am Rinderfeld. Der Steig folgt zunächst kleinen Rinnen und führt später mit Stahlseilen und -stiften versichert über eine gut begehbare größere Felsstufe auf das Hochkesselegg (2260 m), wo erstmals der Blick auf den nordwestlichen Teil des kargen Dachsteinmassivs und die malerischen Gosauseen frei wird. Nördlich des Hochkesselkopfes leiten Stahl und Markierungen zunächst querend zum Torsteineck, jenseits hinab zum Becken des mittlerweile etwas zurückgezogenen Großen Gosaugletschers und dieses überquerend zur Adamekhütte, die zu einer kleinen Rast bei Kaspressknödelsuppe und Kuchen einlud.
Schroffer Kalk so weit das Auge reicht
Im Abstieg zum Hinteren Gosausee wurde die Gruppe der Gosauumrundung von den vier bereits früh morgens vom Vorderen Gosausee zum Hohen Dachstein gestarteten Berggängern eingeholt. Deren mit ca. 31 km und 2200 hm recht umfangreiche Tour dürfte wohl den landschaftlich reizvollsten Weg auf den beliebten Hauptgipfel des Dachsteins darstellen. Vom Parkplatz aus ging es hierbei mit ständigem Blick auf das Tagesziel vorbei an den Gosauseen, hinauf zur Adamekhütte, weiter zum Großen Gosaugletscher, über diesen hinweg mitten durch die imposante Szenerie aus abweisenden Felsmauern aus mächtig gebanktem Dachsteinkalk und eleganten Gletscherströmen, einer Synfonie in grau, blau und weiß, und schließlich über den einfachen, teils versicherten Westgrat zum höchsten Punkt (2995 m). Dank der nun doch bereits recht trüben Sicht herrschte für einen Samstag im August zumindest relative Ruhe auf dem orographisch achtprominentesten Berg der Alpen. Nach der Zusammenkunft der beiden Gruppen folgte ein gemeinsames Bad im tiefblauen, kalten Hinteren Gosausee und der Rück- bzw. Weiterweg vorbei an der Gosaulucke und entlang des abendlich gut besuchten Vorderen Gosausees zum gemeinsamen Endpunkt der Touren. Nach dem Abholen der zurückgelassenen Autos an der Unterhofalm wurde der letzte gemeinsame Abend in einer Altenmarkter Pizzeria genossen und sich für die schönen Touren und die freundschaftlich verbrachte Zeit belohnt.
Nachdem alle Campingausstattung verstaut und alles Material aufgeräumt war, wurden auf dem Weg in Richtung Heimat im Stoißengraben bei Saalfelden nochmals die Finger genutzt. Schöne Kletterei im Schatten angrenzend an den dem Steinernen Meer entspringenden Buchweissbach boten hier bei sommerlich-sonniger Witterung einen gelungenen Abschluss des gemeinsamen Urlaubs.
Abschlussgruppe vor der Kletterwand im Stoißengraben