Hüttentourtour
Perfekt – gibt’s nicht!!
Aber fast perfekt – gibt’s sehr wohl!!
Eine Bergtour steht und fällt mit dem Wetter - das weiß jeder!!
Doch wenn man eine fünftägige Hüttentour in einem der schönsten Gebirge der Welt geplant hat, ist es umso wichtiger, dass der Wettergott mitspielt. Letztes Jahr hat er uns die Tour komplett absagen lassen. Ein Meter Schnee und heftige Stürme – viel zu gefährlich!!
Und weil „gut Ding“ eben „Weile“ braucht, haben wir heuer die geplante Tour bei idealen Verhältnissen machen dürfen und seine „Majestät – der Peitlerkofel“ hat uns in voller Pracht empfangen!
Aufgrund der Brenner Baustelle und der Tatsache, dass noch Ferien sind, startet unsere 18-köpfige Bergsteigergruppe bereits um 03:00 Uhr am Seeweiher Parkplatz. Mit zwei Kleinbussen fahren wir nach Südtirol zum Pordoi Pass am Fuße des Sellastockes. Hier ist auch unser Zielpunkt der fünftägigen Hüttentour durch die Puez-, Geisler- und Sellagruppe. Drei Shuttle Busse chauffieren uns in weiteren 1,5 Stunden zum Ausgangspunkt am Würzjoch.
Hoch motiviert starten wir zunächst auf einem Forstweg. Doch schon nach einigen Metern zwingt uns der herrliche Ausblick zum ersten Foto-Stopp. In voller Pracht und Größe steht die über 500 m hohe Nordwand des Peitlerkofels vor uns. Tourenleiter Ralf verneigt sich ehrfürchtig und erklärt, dass dieser Gipfel der Grund sei, warum uns die Hüttentour in diese Region führt. Der Weg wird schmaler und steiler, bis wir schließlich nach vier Kilometern und etwa 550 Hm an der Peitlerkofelscharte ankommen. Hier herrscht reger Betrieb. Aus allen Himmelsrichtungen gibt es Anstiege hier hoch. Bei einer wohlverdienten Rast überlegen wir, ob die Besteigung des Gipfels heute noch sinnvoll ist, sind wir doch bereits seit vielen Stunden unterwegs. „Optional machen wir den Gipfel morgen früh, ohne schweres Gepäck.“. Diese Variante findet rege Zustimmung und so wandern wir „nur“ noch zur Schlüterhütte (2306 m), unserem ersten Etappenziel. Exakt die richtige Entscheidung!! Der Nachmittag und vor allem der Abend mit stimmungsvollem Sonnenuntergang setzen dem sehr gelungenen Tourenauftakt einen würdigen Schlusspunkt. Zudem ist die Schlüterhütte sehr schön und wir werden auch kulinarisch verwöhnt – Bergsteigerherz – was willst du mehr?
Frühstück 07:00 Uhr – Abmarsch spätestens 08:00 Uhr - das ist die Ansage für die Gipfelaspiranten. Schließlich steht heute ein Besuch bei „seiner Majestät“ dem Peitlerkofel auf dem Programm. Und da wollen wir doch einen guten Eindruck hinterlassen!! Bis zur Scharte ist uns der Zustieg bereits bekannt – sollte man zumindest glauben! Mit kleinem Umweg finden wir diese dann auch. Ab hier wird es deutlich steiler und etwas anspruchsvoller. Auf einem gut ausgebauten Felssteig arbeiten wir uns schwitzend in die Höhe. Von der Scharte zum Gipfel sind es doch nochmals über 500 Hm. Am Punkt 2750 m muss sich jeder Einzelne nun entscheiden, ob er den leichten Klettersteig zum Hauptgipfel auf 2875 m oder den einfacheren Wanderweg zum „Picia Putia“, dem „kleinen Peitlerkofel“ auf 2813 m gehen will. Egal – das 360° Panorama ist von beiden Plätzen so traumhaft schön, dass man es mit keinen Worten beschreiben kann. Wir sehen einfach alles, was in den Ostalpen Rang und Namen hat. Einigen von uns fehlen die Worte, andere nehmen den Helm ab und verneigen sich vor diesem Paradegipfel! Ein wahrhaftig unvergesslicher Moment in jedem Bergsteigerherz.
Mit diesem beeindruckenden Erlebnis kehren wir kurz vor Mittag zur Schlüterhütte zurück, um unser schweres Gepäck abzuholen. Nach einer kurzen Stärkung setzen wir unsere Tour durch die Puez – Geislergruppe fort. Unser Tagesziel, die Regensburger Hütte, liegt noch etwa 4,5 Stunden entfernt. Auf dem Weg dorthin müssen wir die sog. „Roa Scharte“ überqueren – und die ist richtig steil! Bis wir allerdings so weit sind, führt der Steig in leichtem Auf und Ab durch eine absolut bezaubernde Gebirgswelt. Ob nah oder fern – das Panorama raubt uns allen immer wieder den Atem. Man vergisst fast jegliche Anstrengung und könnte eigentlich alle fünf Meter stehen bleiben und fotografieren. Doch dann erreichen wir sie halt doch, die Steilstufe zur Scharte. In bekanntem Dolomiten Gebrösel schraubt sich der Pfad teilweise über 35° steil nach oben. Links und rechts stehen teils mehrere hundert Meter hohe Felswände. Wie war das nochmal mit dem Permafrost?? Bitte nicht jetzt!! Zwei- bis dreimal müssen wir auch einem Steinschlag ausweichen und drücken uns ganz nah an den Hang, so gut es halt geht. Glück gehabt! Oben angekommen, werden wir mit dem nächsten „WOW“ Erlebnis belohnt. Der Ausblick entschädigt für die Strapazen und Gefahren der letzten Stunden. Leider bläst aber auch ein sehr unangenehmer Wind. Also nix wie weg hier. Zur Hütte sind es noch eineinhalb Stunden, wobei uns der faszinierende Anblick der Geislerspitzen jegliche Mühen vergessen lässt. Es fällt gar nicht so leicht ständig auf den Weg zu schauen, ist aber unbedingt erforderlich! Völlig überwältigt von den unzähligen Eindrücken des heutigen Tages erreichen wir die Regensburger Hütte. Auch hier fühlen wir uns sofort wohl und werden bestens bewirtet. Auffällig sind die Doppelnamen der Unterkünfte. Die „Schlüterhütte“ heißt auch „Rif. Genova“ und die Regensburger trägt den Zweitnamen „Rif. Firenze“. Die nette Wirtin erklärt uns, dass das noch vom Dolomitenkrieg stammt, als Südtirol noch österreichisch war. Man hat die alten Namen aus historischen Gründen beibehalten. Also haben wir heute auch kulturell etwas dazu gelernt. Mit einem herrlichen Panorama zum gegenüberliegenden Langkofel und Rosengarten klingt der zweite Abend gemütlich aus.
Der morgendliche Blick aus dem Fenster ist zweifelhaft. Einerseits herrscht eine unbeschreibliche Sonnenaufgangs- und Wolkenstimmung, andererseits verheißen die Nebelschwaden nichts Gutes. Beim Frühstück entscheiden wir uns, aufgrund der heutigen Wetterprognosen, für eine kürzere Variante zum nächsten Tagesziel, der Puezhütte. Auf dem Dolomiten Höhenweg 2 wandern wir über steiles, felsiges Terrain. Einige Steilstufen sind seilversichert. In diesem Gelände zwischen 2600 m – 2800 m kann ein plötzlich einsetzender Regenschauer fatale Folgen haben. Deshalb wählen wir den direkten Weg zum Schutzhaus. Unterwegs auf der Hochfläche der Puezalm öffnet sich der fantastische Blick hinunter ins „Langental“ bis nach Wolkenstein und St. Christina im Grödnertal. Bei manchen Panoramen zweifelt man an der Echtheit, so malerisch schön sind sie. Bereits um die Mittagszeit erreichen wir unser Ziel. Da das Wetter anscheinend doch noch etwas länger aushält, erkunden wir, nach einer ausgiebigen Kaffeepause, die nähere Umgebung der Hütte, immer bereit für einen raschen Rückzug, im Falle eines Unwetters. Diesen Rat gibt uns der Bergführer und Hüttenchef mit auf den Weg. „Die Gipfel lasst ihr heute Nachmittag lieber sein!“ warnt er pflichtbewusst.
Tatsächlich sind wir keine Sekunde zu früh zurück. Bereits nach kurzem Regenschauer rasen die Wolken mit einer irren Geschwindigkeit um die Hütte. Heftiger Wind zieht auf und es kühlt sehr stark ab. Keine zwei Stunden später erfreut sich die Tochter der Wirtsleute an bestem Schnee und baut vergnügt einen Schneemann auf den Gartenbänken. 3 – 4 cm hat’s geschneit. Die Kaltfront ist durchgezogen. Am Abend reißt die Wolkendecke wieder auf. Sonne und Mond stehen jetzt zeitgleich am Abendhimmel, als wollten sie sich gute Nacht sagen. Ein Wetter- und Naturschauspiel, das fast schon etwas kitschig wirkt. Gegenüber strahlt der Sellastock mit dem Piz Boe im winterlichen Kleid herüber, unten im Tal ist alles grün. Bei derartigen Verhältnissen und Bedingungen verspricht der kommende Tag ein besonderer zu werden.
Kalt, aber wolkenlos und sonnig. So begrüßt uns der nächste Morgen. Die Wege sind schneefrei und die Bedingungen könnte kaum besser sein. Zum Glück führt der Weiterweg zunächst relativ höhengleich über die Puez Hochfläche nach Süden zum „Crespeinajoch“ auf 2528 m, was wir nach etwa zwei Stunden erreicht haben. Welche Kraft die Sonne hat, spüren wir beim folgenden Abstieg, der im Schatten einiger Steilwände verläuft. Freiwillig setzen wir Mütze und Helm auf. In den folgenden 600 Hm Abstieg zum Grödner Joch, fühlen wir uns stellenweise wie in einem Felsenlabyrinth. Spannend schlängelt sich der Weg durch die steinigen Türme. Allerdings wird beim bergab gehen sehr deutlich, dass der Großparkplatz Grödner Joch nicht weit weg sein kann. Es herrscht beinahe so Hochbetrieb wie am Stachus in München. Rasch überqueren wir die Passhöhe und biegen direkt hinter dem Parkplatz ab. Kurz darauf sind wir auch schon wieder fast alleine auf dem Pfad unterwegs. Jetzt liegt die Puez – Geislergruppe gegenüber von uns und wir bestaunen die zackigen Cir-Spitzen und unseren Abstiegsweg. Von nun an bewegen wir uns im Sella Massiv. Einige Teilnehmer haben bereits seit Beginn der heutigen Etappe ein flaues Gefühl im Bauch, denn nun bewegen wir uns auf die Schlüsselstelle der gesamten Hüttenrunde zu. Wir müssen durch das „Val Setus“ hinauf zur Pisciadu Hütte. Dabei handelt es sich um eine Steilrinne, die auf einer Strecke von einem Kilometer eine Höhe von 500 Hm überwindet und teilweise über 45° steil und seilversichert ist. Aufgrund von häufigem Steinschlag wurde die Aufstiegslinie im oberen Bereich wie ein leichter Klettersteig A/B in den massiv gewachsenen Felsen angelegt. Es erweist sich als eine sinnvolle Routenführung ohne größere Schwierigkeiten. Schwindelfrei und trittsicher sollte man aber schon sein!! Leider müssen wir auch hier erschreckend feststellen, wie viele unvernünftige Touris es gibt, die in so einem Gelände aufgrund mangelnder Ausrüstung absolut nichts verloren haben!! Wir lassen uns den Spaß aber nicht verderben und genießen jeden Meter des „empor kraxelns“. Am Ausstieg erwartet uns abermals ein Panorama, das seines Gleichen sucht. Ralf blickt in ausnahmslos glückliche Gesichter, ja sogar die eine oder andere Freudenträne kullert über manche Wangen.
10 Minuten später sitzen wir auf der herrlichen Terrasse der „Pisciadu Hütte“ auf 2587 m und lassen es uns richtig gut gehen. Die Nachmittagssonne wärmt wohltuend die müden Knochen und manch einer lässt sich eine Abkühlung im nahe gelegenen See nicht entgehen. Zu allem Glück endet der sowieso schon fast perfekte Tag noch mit Gitarrenmusik und vielen bekannten Liedern in der Gaststube – es gibt also doch ein „fast perfekt“!!
Und täglich grüßt das Frühstück – doch heute leider etwas chaotisch. Das Hüttenpersonal hat so manche organisatorischen Probleme, um es milde auszudrücken😊. Trotzdem können wir zeitig starten. Vielversprechend strahlt die Sonne im wolkenlosen Himmel und wir nehmen Kurs auf den höchsten Punkt der Sella Gruppe und auch unserer gesamten Tour – der Gipfel des Piz Boe mit seinen stolzen 3152 m. Doch bis dahin ist es noch weit. Zunächst steigen wir seilversichert eine Steilstufe hinauf. Zum Glück nicht, wie tags zuvor befürchtet, vereist, sondern relativ trocken und gut griffig. Mittlerweile sind wir ja in so einem Gelände schon geübt und entsprechend gut gelaunt meistern alle diese Hürde. Schließlich stehen wir auf der Hochfläche des Sella Massives in etwa 2900 m. So ähnlich könnte es auf dem Mond auch aussehen. Nach etwa 2,5 Stunden erreichen wir die Bamberger Hütte, auch Boe Hütte genannt. Da waren sie wieder, die zwei Namen. Ein kleiner Teil der Gruppe entscheidet sich dafür, den Gipfel zu umgehen und direkt zur Seilbahn Sass Pordoi zu wandern. Die Gipfelaspiranten steigen in einen leichten Klettersteig ein, der die letzte Steilstufe überwindet, ehe es im Schutt- und Geröll zum höchsten Punkt geht. Ein weiteres, mit Emotionen geladenes, Erlebnis und Highlight dieser Bergtour!!
Genau auf dem Gipfel des Piz Boe steht tatsächlich eine bewirtete Hütte, die den Massenansturm, der von der Seilbahn herüberströmt, verköstigt. Das größte Rätsel aber gibt die hässliche Werbetafel auf, die unverkennbar diesen herrlichen Aussichtsberg verschandelt. Uns wird wieder einmal sehr deutlich aufgezeigt, was Seilbahn Massentourismus heißt. Dementsprechend viel „Verkehr“ herrscht auch, beim teils seilversicherten, Abstieg. Einzelheiten beschreibe ich hier lieber nicht😊.
An der Gipfelstation der Pordoi Seilbahn treffen wir dann auch wieder den Rest der Truppe und können uns nun zu einem erfolgreichen Finale der sehr gelungenen Hüttentour beglückwünschen. Alles ist gut und vor allem unfallfrei verlaufen - das ist und bleibt das Wichtigste bei diesen Unternehmungen!!
Von den unzählig vielen Eindrücken der vergangenen Tage werden wir noch sehr lange zehren und mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht gerne daran zurückdenken.
Ich glaube behaupten zu können, dass sich der Besuch bei „Ihrer Majestät“ bei vielen Teilnehmern als „legendär“ ins Gedächtnis einprägen wird. Und dafür bedanke ich mich bei allen, die dabei waren – denn nur wenn die Gruppe zusammen passt, ist so ein Event überhaupt möglich und durchführbar😊😊!!
Euer Ralf
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Start am Würzjoch
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Steiler Aufstieg in die Peitlerkofelscharte
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Panorama Richtung Fanes und Tofana
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Schlüterhütte vor den Geislerspitzen
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beste Stimmung
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Abendstimmung
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Abendstimmung 2
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Alpenglühen
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Gute Nacht
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Guten Morgen Geislerspitzen
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Aufbruch zum Peitlerkofel
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Leichter Klettersteig zum Gipfel
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Im Aufstieg
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Peitlerkofel 2875m
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Der Kniefall vor Ihrer Majestät
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Panorama vom Kleinen Peitlerkofel
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Weiter gehts
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Durch diese Scharte müssen wir
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Au weia is des steil
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Abstieg zur Regensburger Hütte
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Im Banne der Geislerspitzen
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Ziel 2 erreicht
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Mehrbettzimmer
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Morgenstimmung am Langkofel
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Auf geht's zur Puez Hütte
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Aufstieg in die Sieles Scharte 2505m
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Noch alle da
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Blick ins Langental nach Wolkenstein
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nette Weggefährten
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Puez Hütte 13 Uhr
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Puez Hütte 17 Uhr
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Puez Hütte 18 Uhr
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Puez Hütte 22 Uhr
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Kalt, aber sehr schön
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Die Puez Hochfläche
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Am Crespeinajoch mit Blick zum Schlern und Ortler
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Abstieg ins Felsenlabyrinth
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Das Grödner Joch ist gleich erreicht
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Blick zurück zur Puez - Geislergruppe mit den Cir-Spitzen
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Im Sellamassiv - kurz vor der Steilrinne
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Einstieg ins Val Setus zur Pisciadu Hütte
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Die Schlüsselstelle über 400 Hm
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Geschafft
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Pisciadu Hütte in atemberaubender Umgebung
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Genussvolle Abendstimmung
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Finale
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Bester Laune Richtung Piz Boe
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Aufstieg in die Mondlandschaft der Sella
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Immer Richtung Gipfel
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Ohne Worte
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Die letzte Hürde vorm Gipfelschuttfeld
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Piz Boe 3152 m
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Seilbahnberg
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Mte Pelmo, Civetta, Marmolada
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Ameisenstraße
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Sie erspart uns Schlimmeres
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Danke an alle Teilnehmer